Wenn der Name tatsächlich Programm wäre, dann würde die Spoken-Word-Crew Thun ist Nirgends wohl nie irgendwo auf einer Bühne zu sehen sein. Dabei passiert genau das: Das Thuner Quintett schafft mit einer Mischung aus Text und Sound eigenständige Performances, deren Potenzial gerade durch die Bühnensituation komplett ausgeschöpft wird. Die Shows von Thun ist Nirgends leben von der Interaktion mit dem Publikum, von Spontanität, aber auch von sorgfältig ausgearbeiteten Plots und Pointen.
Die Gruppe besteht aus den drei Literaten Michael Frei, Marco Gurtner und Remo Rickenbacher sowie aus den beiden Musikern Jan Dintheer und Steven Wyss. Die drei Poeten sind feste Grössen in der Schweizer Poetry-Slam-Szene und haben die Entwicklung des Formats in den letzten Jahren mitgeprägt: Marco Gurtner trägt den Titel «Poetry-Slam-Schweizermeister 2019», arbeitet zudem als TV-Moderator und veröffentlicht wöchentlich zwei Podcasts. Michael Frei hat neben seinem Beruf als Arzt so gut wie jeden Poetry Slam in der Schweiz gewonnen und konnte sich mehrfach für das Finale der Schweizermeisterschaften qualifizieren. Remo Rickenbacher performt seit über 15 Jahren Spoken-Word-Texte auf Bühnen im gesamten deutschsprachigen Raum und hat sich daneben einen Namen als Drehbuchautor gemacht.
Die beiden Multiinstrumentalisten erschaffen mit ihren Eigenkompositionen Songs und Soundflächen, die mit den Texten der Literaten verschmelzen. Mit Jingles zwischen den einzelnen Performances spinnen sie zudem den roten Faden der Show. Jan Dintheer studiert momentan Komposition im Master an der Hochschule der Künste Bern und ist in verschiedenen Jazzformationen aktiv. Steven Wyss ist zwar ausgebildeter Bassist, als angehender Literaturübersetzer jedoch äusserst sprachaffin.
Aber was hat es jetzt mit dem Namen auf sich? Thun ist Nirgends ist einerseits ein nett gemeinter Seitenhieb an ihre Heimatstadt und daher auch äusserst selbstironisch zu verstehen. Das verschlafene Städtchen am Rand der Alpen ist natürlich alles andere als nirgends, geht aber auf der kulturellen Landkarte – zu Unrecht – manchmal etwas vergessen. Andererseits zollt der Name dem bekannten Spoken-Word-Ensemble «Bern ist überall» Respekt, das sich schon seit geraumer Zeit für das gesprochene Wort in der Literaturszene einsetzt.
Thun ist Nirgends bringt zum Lachen, regt aber auch zum Nachdenken an. Manchmal berührend, oft entfesselnd präsentieren die fünf Thuner ihre Werke – stets mit dem Anspruch, ihre Freude am Kreieren und Experimentieren auf das Publikum zu übertragen; diesmal auf die Eventbesucher der Jubiläumsfeierlichkeiten «125-Jahre-Strom-in-Thun»!